11
Es sind: Holland, Belgien, Frankreich, Schweiz,
Österreich-Ungarn, Rußland und Dänemark.
Diesen schließen sich an im Norden bezw. Nordwesten :
Schweden, Norwegen und England, die durch schmale
Meeresteile mit unserem Yaterlande mehr verbunden, als
von ihm getrennt sind. Die Pyrenäen- und Balkanhalb-
insel stehen zwar in nicht so inniger Verbindung mit dem
deutschen Reiche wie Italien, das nur durch die kleine Schweiz
und durch die verhältnismäßig wegsamen österreichischen Alpen-
gebiete getrennt ist, helfen jedoch den zweiten Staatenring
bilden, der Deutschland in weitem Bogen umspannt.
So hat wie kaum ein anderes Land Deutschland eine
zentrale Lage; es bildet daher auch das wichtigste Durch-
gangsgebiet für den europäischen Handel und Verkehr.
Welche wirtschaftlichen Nachteile und Vorteile ergeben sich
für Deutschland ans der zentralen Lage?
Ein Blick in die Blätter der Weltgeschichte lehrt uns, wie Deutschland
fast in jedem Jahrhundert der Schauplatz kriegerischer Ereignisse, der
Tummelplatz fremdländischer Heeresmassen gewesen. Aus fast auen
Himmelsgegenden ergossen sich kulturfeindliche Völkerströme in die
deutschen Gaue. Aus dem Osten brausten gleich einem gewaltigen Un-
gewitter nacheinander die wilden Horden der Hunnen, die räuberischen
Magyaren und die heidnischen, barbarischen Slawen in das Land, alles
vernichtend mit Feuer und Schwert. Von Norden kamen die Schweden,
von Westen die Franzosen und beteiligten sich an dem unseligen Religions-
kampf, der in dreißigjähriger Dauer die Hälfte aller Ortschaften samt ihren
Bewohnern mit eisernem Besen, durch Hungersnot und Pest, vernichtete.
Von ähnlicher Wirkimg für unsere Kultur waren die Schrecknisse
des siebenjährigen Krieges und die tief traurigen Ereignisse der .Jahre 1806
und 1807, als wiederum französische Heere unsere Fluren zerstampften.
Natürlich haben diese das Volksleben bis ins Mark treffenden Er-
eignisse die wirtschaftliche Entwicklung unseres Vaterlandes außerordentlich
gehemmt
Wie aber Deutschland durch seine zentrale Lage den vernichtenden
Elementen leicht zugänglich gewesen ist, so haben in gleicher Weise auch
die kulturfreundlichen Strömungen ins Land dringen können, die von
den Nachbarstaaten ihren Ausgang nahmen. Und besonders in neuester
Zeit, da Deutschland geeint, macht- und glanzvoll als ein Hort des
europäischen Friedens dasteht, hat sich der aus seiner Mittellage erwachsende
wirtschaftliche Vorteil mehr denn je bemerkbar gemacht. Statt der wilden
Horden durchziehen jetzt kreuz und quer Segen und Wohlstand bringende
Handels- und Verkehrsstraßen das Land, die Nachbarstaaten miteinander
verknüpfend.
So muß Deutschland eine vermittelnde Rohe übernehmen, wollen
Frankreich und Rußland, Dänemark und Italien, Holland, Belgien und
England einerseits, Österreich-Ungarn und die südöstlichen europäischen
Staaten anderseits in Handelsbeziehungen treten.
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
TM Hauptwörter (100): [T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner]]
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Extrahierte Ortsnamen: Holland Belgien Frankreich Schweiz Schweden Norwegen England Balkanhalb- Italien Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Schweden Deutschland Deutschland Deutschland Frankreich Dänemark Italien Holland Belgien England
— 102 —
durch den Einfluß Karls des Großen gute Fortschritte. Man
kannte damals schon das Pfropfen und Okulieren. Der Fort-
schritt hielt jahrhundertelang an, bis der dreißigjährige Krieg
den Obstbau zugrunde richtete. In den nachfolgenden Jahr-
hunderten wandten ihm die deutschen Fürsten ihre Sorgfalt
zu, besonders der Große Kurfürst und Friedrich der Große.
Im 19. Jahrhundert wirkten zahlreiche Männer durch Wort
und Schrift fördernd auf die Entwicklung desselben ein. Es
entstanden mustergültige Obstplantagen und Lehranstalten.
Gegenwärtig sind Staat und zahlreiche Vereine bemüht, die
Obstkultur in Deutschland zu heben. Es wäre zu wünschen,
daß diese Bestrebungen einen guten Erfolg hätten, da
Deutschland andern Ländern gegenüber noch sehr im Rück-
stände ist, und wir jährlich große Summen für Obst an das
Ausland, namentlich an Österreich-Ungarn, die Schweiz, Italien,
Serbien und vor allem an die Vereinigten Staaten, zahlen.
Verbreitung. In allen Teilen Deutschlands wird Obstbau
getrieben, und selbst in den nördlichsten Landstrichen, wie
Pommern (Stettin) und Schleswig (Gravenstein), züchtet man
noch gute Obstsorten. Die wichtigsten Obstbaugebiete des
norddeutschen Tieflandes sind die Vierlande bei Hamburg, die
Gegend von Stade (Kirschen und Zwetschen) und die Mark
Brandenburg (Werder und Guben). Viel mehr verbreitet ist
der Obstbau in Mittel- und Süddeutschland, wo er in den
fruchtbaren, geschützten Tälern die günstigsten Vorbedingungen
findet. Ganz besonders hervorgehoben zu werden verdienen
der Elbtalkessel bei Dresden (Erdbeeren), das Saaletal mit
seinem Zwetschenbau, das Maintal, das Neckarland, die ober-
rheinische Tiefebene (Pfirsich, Kirsche, Aprikose, Walnuß), das
Lahntal und Elsaß-Lothringen (Erdbeeren und Mirabellen).
Bedeutung. Als Nahrungsmittel ist das Obst von ge-
ringem Werte, wohl aber verdient es als gesundes, wohl-
schmeckendes Volksgenußmittel die höchste Beachtung. Der
fortgesetzt sich steigernde Verbrauch an rohem und getrocknetem
Obst, an Fruchtweinen, Likören, Fruchtsäften und Frucht-
konserven beweist, daß sich die Produkte des Obstbaues einer
immer größeren Beliebtheit erfreuen. Leider hat die Obstbaum-
zählung des Jahres 1900 eine überraschend kleine Zahl von
Obstbäumen ergeben. Diese Tatsache läßt es als sehr dringend
erscheinen, daß noch mehr als bisher Maßregeln zur Förderung
des heimischen Obstbaues getroffen werden. Es ist dabei nicht
außer acht zu lassen, daß ein rationeller Betrieb des Obstbaues
TM Hauptwörter (50): [T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
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Extrahierte Personennamen: Karls Friedrich_der_Große Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Italien Serbien Deutschlands Stettin Vierlande Hamburg Stade Brandenburg Guben Dresden Maintal
118
Iii. Die Industrie.
Geschichtliche Entwicklung- der deutschen Industrie.
Mittelalter. Die deutsehe Großindustrie, die mit ihren bewunderns-
werten Leistungen und außergewöhnlichen Fortschritten unser Erstaunen
wachruft, hat sich aus dem schlichten Handwerk entwickelt. Dieses aber
stand schon im Mittelalter in hoher Blüte; genossen doch die Leistungen
der Augsburger Tuchmacher und Nürnberger Metallarbeiter selbst im Aus-
lande hohes Ansehen.
16. bis 18. Jahrhundert. Als jedoch mit dem Rückgang der deutschen
Hansa der Handelsverkehr nachließ, geriet auch das Handwerk mehr und
mehr in Verfall. Der dreißigjährige Krieg richtete es vollständig zu-
grunde. Im 18. Jahrhundert jedoch zeigte sich im wirtschaftlichen Leben
Deutschlands eine Wendung zum Besseren. Anhaltende Kriege aber, die
auch in diesem Zeitraum ihre nachteiligen Wirkungen auf Handel und
Gewerbe ausübten, verhinderten einen schnelleren Fortschritt. Zudem
nahm die Gewerbtätigkeit eine falsche Richtung an und wandte sich nur
solchen industriellen Zweigen zu, die vorzugsweise Luxusartikel, wie Glas,
Handschuhe, Seidenwaren, Hüte und Porzellan, herstellten und nur bei der
wohlhabenden Bevölkerung auf Abnehmer rechnen konnten. Besser stand
es um die verschiedenen Zweige der Gewebeindustrie; Leinen-, Baum-
woll- und Wollwaren waren begehrte Artikel im In- und Auslande. Auch
Nürnberger Metallwaren fanden wieder im Auslande Beachtung, und
die Schwarzwälder Uhren fingen an, im Ausfuhrhandel Deutschlands
eine Rolle zu spielen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigte
sich dank der Fürsorge Friedrichs des Großen ein schnellerer Fort-
schritt im wirtschaftlichen Leben. Der Bau von Straßen und Kanälen,
die Einrichtung von Kreditanstalten, die Einwanderung von Land-
wirten und Gewerbetreibenden förderten Landwirtschaft, Handel und
Industrie.
Ii). Jahrhundert. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts erlitt der neu
einsetzende wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands wieder eine, jedoch
nur vorübergehende, Störung durch die von Napoleon I. heraufbeschworenen
Kriegsstürme. Die im Jahre 1810 eingeführte Gewerbefreiheit machte die
Bahn für die ungehinderte Entwicklung der deutschen Industrie frei. Diese
vollzog sich anfangs nur schüchtern und langsam; aber die langjährige
Friedenszeit, die wirtschaftliche Einigung Deutschlands durch Grün-
dung des deutschen Zollvereins im Jahre 1834 und die Einführung des
Maschinenbetriebes brachten sie in ganz gewaltigem Maße zur Ent-
faltung. Als dann im Jahre 1871 die nationale Einigung erfolgte,
erwachte auf allen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens ein ungeheurer
Unternehmungsgeist. Die kapitalkräftige deutsche Industrie machte riesige
Fortschritte und wagte es, auf dem Weltmarkt den Wettkampf mit den
hochentwickelten Industrien der englischen, französischen und nordameri-
kanischen Nation aufzunehmen. Dieser jahrelange Kampf hat alle Welt
davon überzeugt, daß die deutsche Nation auf industriellem Gebiete allen
andern ebenbürtig zur Seite steht, und daß England die größten An-
strengungen zu machen hat, wenn es nicht von Deutschland überflügelt
•werden will.
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Napoleon_I.
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschlands Deutschlands Deutschlands England Deutschland
136
burg zur Hebung desselben blieb nicht ohne Erfolg. Der Niedergang der
Schiffahrt auf der unteren Oder, durch Streitigkeiten zu ischen Stettin und
Frankfurt herbeigeführt, brachte nicht nur eine Steigerung der Elbschiff-
fahrt mit sich, sondern rief auch einen regen Verkehr zwischen Breslau
und Hamburg hervor. Gefördert wurden diese Beziehungen durch den
Bau des Müllroser Kanals. Friedrich der Große schuf durch Finow- und
Plaueschen Kanal eine zweite Verbindung zwischen Oder und Elbe.
Gleichwohl trat in der Friderizianischen Zeit wegen Einführung hoher
Zölle wieder ein Rückgang in der Elbschiffahrt ein, der eine vollständige
Verwilderung der Elbwasserstraße im Gefolge hatte.. Doch das 19. Jahr-
hundert brachte, wenn auch allmählich, eine dauernde Besseruno; für den
Elbverkehr.
Einschränkimg imd schließliche Abschaffung der Elbzölle, Verbreite-
rang und Vertiefung der Fahrrinne, Entfernung störender Krümmungen
und vor allem das Aufkommen der Eisenbahnen, die mit den Wasser-
straßen in Konkurrenzkampf traten, führten die Elbschiffahrt, namentlich
in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, zu hoher Entwicklung.
Die Elbe ist heute die zweitwichtigste Binnenwasserstraße Europas. Im
Jahre 1901 betrug das Gewicht der zu Berg und zu Tal auf der Oberelbe
bei Hamburg beförderten Güter rund 5,2 Mill. Tonnen.
Die O (1er Schiffahrt.
Die Oder ist in ihrer Entwicklung als Schiffahrtsstraße Rhein und
Elbe gegenüber sehr zurückgeblieben. Die Bemühungen um die Ver-
besserung der Oderschiffahrt lassen sich zwar bis in das 14. Jahrhundert
verfolgen, waren aber besonders deshalb von geringem Erfolge begleitet,
weil beständige Zollreibereien einen geregelten Oderverkehr nicht aufkommen
ließen.
Die Anlage des Müllroser Kanals durch den Großen Kurfürsten
förderte zwar die Verkehrsbeziehungen zwischen Breslau und Hamburg,
bewirkte aber gleichzeitig einen vollständigen Rückgang der Oderschiffahrt
von Frankfurt abwärts.
Der Übergang Pommerns und Schlesiens in preußischen Besitz und
die unermüdliche Tätigkeit Friedrichs des Großen für Hebung der Binnen-
schiffahrt seines Landes brachten eme wesentliche Förderung der Oder-
schiffahrt diu'ch die Anlage des Finowkanals, sowie durch vollständige
Beseitigimg der Flußzölle. Der von ihm zur Hebung des oberschlesischen
Bergbaues geplante Klodnitzkanal konnte wegen Geldmangels erst viel
später in Angriff genommen und 1812 dem Verkehr übergeben werden.
Die begonnenen Regulierungsarbeiten der Oder gerieten mit dem
Tode Friedrichs des Großen ins Stocken und weisen bis zur Mitte des
19. Jahrhunderts keine wesentlichen Fortschritte auf.
Die Konkurrenz der Eisenbahnen brachte um die Mitte des 19. Jahr-
hunderts einen bemerkenswerten Rückgang der Oderschiffahrt, Avas die
interessierten Kreise zu dem Entschlüsse führte, eine Regulierung der
Oder auf breiter Grundlage durchzuführen. Mitte der 60er Jahre wurde
das Werk energisch in Angriff genommen, das einen Kostenaufwand von
rund 40 Mill. Mark erforderte und das unter anderen notwendigen Ver-
besserungeu die Kanalisierung der Oder von Kosel bis zur Neißemündung
und den Bau des Großschiffahrtsweges bei Breslau brachte. 1897 war das
Werk vollendet und damit der Verkehr für Schiffe von 470 Tonnen bis
Kosel geschaffen.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrichs Friedrichs
— 137 -
Die Kaualsciiifltalirt.
Während die alten Kulturvölker eifrig bemüht waren, Kanäle zur
Verbindung der Flüsse ihres Landes zu bauen, hat Deutschland weder
im Altertum noch im Mittelalter bedeutendere Leistungen auf dem Gebiete
des Kanalbaues aufzuweisen. Der Plan Karls des Großen, die Donau mit
dem Main zu verbinden, mußte wegen des Mangels geeigneter technischer
Mittel aufgegeben werden.
Der Stecknitz-Kanal. Wenn man von den Schleusenanlagen in
der Saale im Jahre 1306 absieht, dann muß man als die erste künstliche
Wasserstraße in Deutschland und zugleich in Europa den Stecknitz-Kanal
ansehen. Er wurde auf Anregung der Hansastadt Lübeck ziun Zwecke
einer binnenländischen Verbindung zwischen Nord- und Ostsee um das
Jahr 1400 angelegt. Durch die Erbauung des Elbe-Trave-Kanals
(1895—1900) erreichte die Stecknitzfahrt ihr Ende.
Im 17. und 18. Jahrhundert. Wichtigere Kanalbauten haben in
Deutschland vom Beginn des 15. Jahrhunderts bis zum 18. Jahrhundert
nicht stattgefunden, abgesehen von dem Friedrich-Wilhehns-Kanal, der
zwar schon von Joachim Ii. von Brandenburg geplant, aber erst von dem
Großen Kurfürsten zur Ausführung (1662—1668) gelangte. In diesem
Zeitraum zeigte sich im Gegensatz zu Deutschland in Frankreich, Holland,
Schweden und selbst in Bußland ein reges Interesse für die Anlage von
Schiffahrtskanälen. Im 18. Jahrhundert kam dann aber, namentlich unter
Friedrich dem Großen, welcher der Entwicklung der Binnenschiffahrt seines
Landes große Sorgfalt zuwandte, der deutsche Kanalbau etwas mehr in
Fluß. Plauescher-, Bromberger- und Finow-Kanal wurden unter seiner
Begierung vollendet. Der oben erwähnte Klodnitzkanal wurde erst unter
Friedrich Wilhelm Iii. dem Verkehr übergeben.
Im 19. Jahrhundert. Es trat nun wieder ein längerer Stillstand
in Deutschland ein, während gerade in Frankreich und Großbritannien
der Kanalbau einen großen Aufschwung nahm. In Frankreich entstanden
damals die beiden, erst später für Deutschland wichtigen, Bhein-Bhone-
und Rhein-Marne-Kanal; ersterer wurde 1834, letzterer 1853 vollendet.
Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte für Deutschland nur
eine Kanalanlage, den Ludwigskanal, der von 1836 bis 1845 zur Ver-
bindung der Donau mit dem Main gebaut wurde. Dieser Kanal ist wegen
seiner geringen Tragfähigkeit, seiner großen Anzahl von Schleusen den
modernen Verkehrsansprüchen nicht gewachsen, weshalb man seinen Umbau
zu einem Großschiffahrtswege zwischen Donau und Bhein ins Auge
gefaßt hat.
Im fünften, sechsten und siebenten Jahrzehnt kamen nur der Ober-
ländische und der Saar-Kanal zur Ausführung. »Wenn auch der erstere
keine große Bedeutung für die Schiffahrt hat und fast ausschließlich
für land- und forstwirtschaftliche Zwecke benutzt wird, so verdient er
doch insofern Erwähnung, als hier zum ersten Male in Europa zur Über-
windung größerer Höhenunterschiede nach amerikanischem Muster geneigte
Ebenen für den Schiffsbetrieb zur Anwendung gekommen sind.« (Schwabe.)
In den letzten 30 Jahren sind, ganz abgesehen vom Kaiser Wilhelm-
Kanal,*) der als Seekanal hier nicht in Betracht kommt, mehrere wichtige,
künstliche Binnenwasserstraßen entstanden, nämlich:
Siehe S. 149.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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Extrahierte Personennamen: Karls Joachim_Ii Friedrich_dem_Großen Friedrich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Altertum Donau Main Deutschland Europa Ostsee Deutschland Brandenburg Deutschland Frankreich Holland Schweden Bußland Deutschland Frankreich Frankreich Deutschland Bhein-Bhone- Rhein-Marne-Kanal Deutschland Donau Main Donau Europa
146 —
Von da ab wußten sich Venedig und Genua die Vorherrschaft im Handel
mit dem Orient zu verschaffen und Konstantinopel die Vermittlerrolle zu
entreißen. An Stelle der Donaulinie kamen die Alpenstraßen über den
Brenner, Julier und Septimer zu großer Bedeutung.
Die Hansa. Ahnlich wie auf dem Mittelmeer entwickelte sich ein
reges Handels- und Verkehrsleben auf der Ostsee. Im Ib. und 14. Jahr-
hundert lag der Ostseehandel vollständig in den Händen der Hansa, eines
Städtebundes, der zur Sicherung gemeinsamer Handels- und Seefahrts-
interessen geschlossen wurde. Die Führerin dieses mächtigen Bundes, der
seine Handelsbeziehungen nach Kußland, Polen, Dänemark, Schweden und
Norwegen, England, den Niederlanden und später auch nach dem Süden
ausdehnte, war Lübeck. Die Hansa wurde mit der Zeit so mächtig, daß
sie Kriege führen konnte, und Könige sich um ihre Gunst bewarben. Zur
Blütezeit der Hansa war Deutschland nicht nur politisch der mächtigste
Staat Europas, sondern zugleich auch der erste Handelsstaat.
16. bis 18. Jahrhundert. Während die westeuropäischen Staaten
infolge der Entdeckung Amerikas und des Seeweges nach Ostindien
zu hoher Blüte gelangten, begann der allmähliche Verfall des deutschen
Außenhandels. Die Macht der Hansa wurde durch die aufstrebenden
Seestaaten und durch innere Zwistigkeiten gebrochen. Ein Handels-
gebiet nach dem andern ging ihr verloren. Auch der süddeutsche
Handel wurde lahmgelegt, verloren doch Venedig und Genua mit der
Entdeckung des Seeweges nach Ostindien ihre Bedeutung für den Handel
mit dem fernen Orient. Mit dem Bückgange auf kommerziellem Gebiete
war der Zerfall Deutschlands auf politischem Gebiete verbunden. Die
Auflösung in machtlose Kleinstaaten und religiöse Streitigkeiten be-
siegelten seine Bedeutungslosigkeit für Weltpolitik und Welthandel. Deutsch-
land bildete nur noch einen Schatten seiner einstigen Größe. Der dreißig-
jährige Krieg richtete vollständig zugrunde, was noch übrig geblieben war.
Landwirtschaft, Gewerbe, Bergbau und Bürgertum waren vernichtet. Im
18. Jahrhundert macht sich endlich wieder eine allmähliche Besserung in
den wirtschaftlichen Verhältnissen Deutschlands bemerkbar. Die industrielle
Produktion fängt an sich zu heben, und mit ihr wird eine mehr und mehr
zunehmende Ausfuhr an Lernen, Tuchen, Metallwaren, Schwarzwälder
Uhren und Nürnberger Kurzwaren möglich. An Stelle der Ostsee erlangt
die Nordsee und mit ihr Hamburg und Bremen mehr und mehr Bedeutung
für den deutschen Seehandel und für die Einfuhr an Kaffee, Tee, Reis,
Zucker, Tabak und anderen ausländischen Waren. Während die genannten
Seestädte die Einfuhr nach Norddeutschland vermittelten, versorgte Holland
Süddeutschland mit Kolonialprodukten.
Die zweite Blütezeit des deutschen Welthandels. Nach der Los-
reißimg der englischen Kolonien vom Mutterlande im letzten Viertel des
18. Jahrhunderts entstand durch Vermittlung Hamburgs und Bremens
bald ein reger Handelsverkehr zwischen Deutschland und der nordameri-
kanischen Union. Derselbe erfuhr- aber durch die von Napoleon I. ver-
hängte Kontinentalsperre eine jähe Unterbrechung, und für längere Zeit
war der deutsche Außenhandel lahmgelegt. Allerdings hielt sie auch die
englische Konkurrenz fern, was für die Entwicklung der deutschen Industrie
von großem Vorteil war. Als dami die früheren Beziehungen zum Aus-
lande durch die Vermittlung der Hansastädte wieder in Fluß kamen, er-
wies sich die deutsche Industrie auf den verschiedensten Gebieten sehr
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
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Extrahierte Personennamen: Napoleon_I.
Extrahierte Ortsnamen: Genua Konstantinopel Polen Schweden Norwegen England Niederlanden Deutschland Europas Amerikas Ostindien Genua Ostindien Deutschlands Deutschlands Nordsee Hamburg Norddeutschland Holland Hamburgs Bremens Deutschland
152
Straße von Mitteleuropa über Kleinasien zum Persischen Meere
und der Weg von Westeuropa über Moskau nach Ostasien.
Der Weg von der Donau über Konstantinopel nach
Baßra am Persischen Meere wird uns von der Benutzung des
unter englischem Einflüsse stehenden Suezkanals freimachen.
Er bildet aber auch den größten Teil der direkten Straße aus
dem Herzen Europas nach jenen Ländern des fernen Orients,
die als Rohstofflieferanten wie auch als Abnehmer europäischer
Waren von höchster Bedeutung sind. Durch den Bau der
Bagdadbahn, den sich deutscher Unternehmungsgeist und
deutsches Kapital zur Aufgabe gemacht haben, soll die Ver-
bindung zwischen Konstantinopel und Baßra hergestellt und
jene alte Völkerstraße wieder zu Ehren gebracht werden, auf
der sich vor Jahrtausenden der Verkehr zwischen Europa und
Ostindien bewegte. Es ist nicht ohne Bedeutung, daß die alte
Donaustraße aus Deutschland gleichsam hinweist nach dem
Südosten, zum Euphrattal, zum Indischen und Großen Ozean.
Die Straße von Westeuropa über Moskau nach Ost-
asien mit einer Länge von rund 11000 km ist die zweite
Überlandroute, die als Welthandelsstraße mit Vollendung der
sibirischen Bahn für Deutschland einen hohen Wert erlangt
hat. Für den Transport von Massengütern aus Deutschland
nach Ostasien wird sie wohl kaum jemals in Frage kommen,
da diese stets den billigeren Seeweg wählen werden; aber durch
die Beförderung der Post, der Personen und wertvoller Güter
wird sie von internationaler Bedeutung sein.
2. Die deutsche Handelsflotte.
a. Entwicklung'.
Deutschland durchlebt jetzt die zweite Blütezeit seines Welthandels.
Wie einst Venedig das Mittelmeer, so beherrschte vom 13. bis 15. Jahr-
hundert die deutsche Hansa mit ihrer gewaltigen Handelsflotte Nord- und
Ostsee. Sie war mit der Zeit zu einer solchen Machtfülle gelangt, daß
sie aus einem Krieg mit dem Dänenkönig Waldemar siegreich hervorging.
Doch gegen Ende des 15. Jahrhunderts begann der Stern der Hansa zu
sinken. Zahlreiche Feinde, innere Zwistigkeiten führten den vollständigen
Verfall herbei. Während die westeuropäischen Mächte infolge der großen
Entdeckungen am Ende des 15. Jahrhunderts schnell emporblühten, sank
der deutsche Seehandel zur Bedeutungslosigkeit herab. Nur Hamburg,
Bremen und Lübeck wußten sich den neuen Zeitverhältnissen anzupassen
und einen gewissen Anteil an dem Welthandelsverkehr zu sichern. Doch
auf den Schutz eines Deutschen Reiches konnten sie nicht rechnen.
Deutschland war während des 16. und 17. Jahrhunderts der Schauplatz
religiöser und politischer Wirren und so zu Ohnmacht und wirtschaftlichem
Verfall verurteilt.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T97: [Stadt Hauptstadt China Reich Land Handel Meer Einw. Türkei Sultan]]
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Extrahierte Ortsnamen: Mitteleuropa Westeuropa Moskau Ostasien Donau Baßra Europas Konstantinopel Europa Ostindien Deutschland Euphrattal Ozean Westeuropa Moskau Deutschland Deutschland Ostasien Deutschland Hamburg Bremen Deutschland
— 146 —
dieser Bahn veranlaßte Rußland zur Besetzung der Mandschurei und
wurde somit die Veranlassung zum russisch-japanischen Kriege, der
Rußlands Einfluß im fernen Osten vernichtet und zur Rückgabe
der Mandschurei — bis auf die Bahn — an China geführt hat.
Der Handel mit Europa liegt in der Hauptsache in den Händen
englischer und deutscher Häuser, die in allen größeren Plätzen
Handelsniederlassungen haben. Dagegen müssen sich dieselben für
den Absatz in China der einheimischen Kaufleute bedienen. Er-
schwert wird der Handel mit europäischen Waren durch die immer
noch bestehenden Binnenzölle, die aber wohl trotz des Widerstandes
der Vizekönige in absehbarer Zeit fallen dürften. Den größten Ein-
fluß haben heute nicht mehr die europäischen Staaten, sondern
neben den Japanern die Vereinigten Staaten von Nordamerika.
Stelle die Hauptartikel der Ausfuhr zusammen! (1906: 855
Mill. M.) Eingeführt werden Baumwollwaren (für etwa 400 Mill. M),
Opium (100 Mill. M), Reis (60 Mill. M), Zucker, Petroleum, Metalle
und Metallwaren, Kohlen (1906 im ganzen für 1,4 Milliarden M).
Den Löwenanteil an der Einfuhr hat Großbritannien. Auf Deutsch-
land, dessen Handelsverkehr mit China in den letzten 10 Jahren
sich nicht unwesentlich gesteigert hat, entfiel 1906 eine Ausfuhr von
China im Werte von 57 Mill. M, hauptsächlich Gold, Borsten, Bett-
federn, Tee, Rindshäute, Rohseide, während die Einfuhr nach China
hauptsächlich Anilin, Nähnadeln, Woll- und Baumwollwaren, Ma-
schinen, Tuche, Eisenwaren, Kupfer und Pulver im Werte von
68 Mill. M umfaßte.
Ii. Japan.
A. Allgemeines.
Das Kaiserreich Japan umfaßt die Kurilen, die eigentlichen
Japanischen Inseln, von denen Jeso, Nippon, Schikoku,
K i us chu die größten sind, die Lutschu-Inseln, die im Kriege
mit China (1894/95) erworbene Insel For mosa und die Pescadores-
Inseln, zusammen 417 389 qkm mit 50 Mill. Einwohnern. Der Frieden
von Portsmouth (1905) vergrößerte Japan um die Südhälfte von
Sachalin, machte aus Korea eine japanische Provinz und stellte
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
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Extrahierte Personennamen: Jeso Nippon
Extrahierte Ortsnamen: Rußlands_Einfluß China Europa China Nordamerika China China China Japan Japan China Portsmouth Japan Sachalin Korea
Rußland.
A. Allgemeines.
i. Größe, Lage, Begrenzung. Das Kaisertum Rußland umfaßt
den ganzen Osten Europas und ist an Bodenfläche allein in Europa
fast zehnmal größer als das Deutsche Reich (5 317 000 qkm). Mit
seinen asiatischen Besitzungen (Sibirien, Kaukasien, Zentralasien und
dem „fernen Osten") dehnt es sich von der deutschen Grenze bis
zum Stillen Ozean aus und ist damit das größte zusammenhängende
Ländergebiet der Erde (21 847 000 qkm). Seine Bevölkerung beträgt
im europäischen Rußland (eigentliches Rußland, Polen und Finnland)
105,5 Mill., d. h. noch nicht doppelt soviel wie Deutschland, ins-
gesamt rund 128 Mill.
Seine Lage ist eine äußerst ungünstige. Von den großen Straßen
des Weltverkehrs weit entfernt, gleicht es einem unbeholfenen ge-
fesselten Riesen. Zwar grenzt es an vier Meere; doch ist eines davon,
das Kaspische Meer, wenn auch von großer Bedeutung für den
Verkehr Rußlands mit seinen zentralasiatischen Besitzungen und
dem benachbarten Persien, nur ein Binnenmeer. Zwei andere, die
Ostsee und das Schwarze Meer, sind nur die äußersten Ausläufer
wichtiger Meere. Zudem befinden sich die Ausgänge in fremder
Hand. (Die Dardanellen dürfen ohne Genehmigung der Türkei nur
von russischen Handelsschiffen passiert werden!) Das Eismeer
endlich, das einzige offene Gewässer, ist die Hälfte des Jahres zu-
gefroren. So ist das Bestreben Rußlands, an das Weltmeer zu ge-
langen, ebenso verständlich wie die Eifersucht Englands und Japans
natürlich. (Korea, Rußlands Vordringen durch Persien, Bedrohung
Indiens!) Die Landgrenze — nach der Karte anzugeben! — weist
auf den Verkehr mit dem Deutschen Reiche hin, da die wirtschaft-
lichen Verhältnisse der benachbarten Teile Österreich-Ungarns und
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Extrahierte Ortsnamen: Europas Europa Sibirien Kaukasien Zentralasien Polen Finnland Deutschland Persien Englands Japans Korea Persien Indiens
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Ich befand mich, so erzählt der spätere Konteradmiral Werner, als
Flaggleutnant auf der „Gefion". Bei unserer Kreuztour kamen wir auch
nach Rio de Janeiro und wurden, wie dies bei Besuch ausländischer Häfen
durch Kriegsschiffe allgemein Sitte ist, von den Spitzen der Behörden zu
Festlichkeiten eingeladen. Bei einem feierlichen Mittagessen hatte ich das
Vergnügen, einen hohen, reich mit Orden geschmückten Regierungsbeamten
als Tischnachbar zu bekommen, mit dem ich mich auf das angenehmste
unterhielt. Plötzlich wurde meinem patriotischen Stolze ein bedeutender
Dämpfer aufgesetzt, als jener im Laufe des Gespräches die Frage an mich
richtete: „Sagen Sie einmal, verehrter Herr, liegt Preußen eigentlich in
Hamburg?"
Zuerst schaute ich ihn ganz verblüfft an; da ich aber bemerkte, daß
er in vollem Ernste sprach und mir zugleich einfiel, daß man an
brasilianische Regierungsbeamte nicht den Maßstab allgemeiner Bildung
legen könne wie an deutsche, so erwiderte ich ebenso vertraulich: „Nun,
nicht gerade darin, aber ganz nahe bei."
Das Gespräch war damals für unsere deutschen Verhältnisse charakte-
ristisch; Hamburg kannte man in Brasilien sehr gut, seine Schiffe erschienen
häufig genug in den dortigen Häfen, und auch von Bremen wußte man
etwas, aber von Preußen und dem übrigen Deutschland selbst in den ge-
bildeten Kreisen wenig oder nichts; seine Handelsschiffe kamen damals
nicht über das Mittelmeer hinaus. Wie hat sich das in den 50 Jahren
geändert! Wo gibt es ein Land, und läge es im fernsten Winkel der
Erde, in dem jetzt nicht die deutsche Flagge gekannt, geachtet und gefürchtet
wäre? Dank unserer Flotte weiß man jetzt, daß Deutschland die Macht
besitzt und gewillt ist, seine Flagge und seine Untertanen zu schützen und
vor jeder Unbill zu bewahren.
Mit dem Jahre 1864 fiel mit Holstein der Hafen von Kiel, der
sicherste, geräumigste und tiefste der Ostsee, an Preußen, und nach und nach
wurde auch der Kriegshafen am Jadebusen, den Preußen schon seit 1854
besaß, ausgebaut. Als Preußen auf den böhmischen Schlachtfeldern die
Einigung Norddeutschlands errungen hatte, da brachte es dem Nord-
deutschen Bunde eine Marine als Morgengabe mit, die bereits der dänischen
überlegen war.
Aber der neue Bund überzeugte sich bald, daß diese Macht noch
lange nicht ausreichend war, um unsere Küsten gegen feindliche Landungen
und Blockaden sowie unsern Seehandel genügend zu schützen, und beschloß
daher, ungesäumt ihre Vergrößerung zu veranlassen.
Als 1870 der ftanzösische Krieg ausbrach, durfte zwar die deutsche
Marine den vierfach überlegenen Blockadeflotten Frankreichs nicht in offener
See begegnen, aber sie verhinderte doch jede feindliche Landung und Brand-
schatzung unserer Küstenstädte.
Nach dem Frieden waren Wilhelmshaven und Kiel zur Aufnahme und
Reparatur der großen Schiffe fertig geworden, und das Deutsche Reich,
das die Marine übernahm, sorgte dafür, daß mit der Vergrößerung der
Flotte energisch vorgegangen wurde.
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Extrahierte Personennamen: Werner
Extrahierte Ortsnamen: Hamburg Hamburg Brasilien Deutschland Deutschland Holstein Kiel Ostsee Norddeutschlands Frankreichs Wilhelmshaven